Wer wohnt denn da?
Alte Bäume –Chance statt Risiko
Im Rahmen des Streuobst-Projekts „Goldmarie sucht Eremit und Co.“ lädt der Landschaftspflegeverband auch in diesem Jahr zu zwei Seminaren über Totholzbewohnende Tierarten mit dem Käferexperten Dr. Jörg Lorenz ein.
Während draußen die Sonne brennt, ist es in der alten Orangerie des Barockgarten Großsedlitz in Heidenau angenehm kühl. Mit einem reich bebilderten Vortrag entführt Dr. Lorenz die Zuhörer in die Welt der absterbenden Gehölze. Besonders stehendes Totholz steckt voller Leben. Säugetiere, Vögel und Insekten bis zum mikroskopisch kleinen Pseudoskorpion besiedeln Rindenspalten, Höhlungen und pilzzersetztes Holz alter Bäume. Diese sind heute oft nur noch als Alleen, Kopfweiden, in Parks und auf Streuobstwiesen zu finden.
Häufig steht der Naturschutzgedanke mit der Verkehrssicherungspflicht auf öffentlichen Flächen im Konflikt. Hohle Bäume gelten als potenzielle Gefahr und werden deshalb nicht nur an Straßen, sondern auch in Parks vorsorglich gefällt. Bis zur Entstehung eines Höhlenbaumes vergehen jedoch viele Jahrzehnte. Ein nachgepflanztes Bäumchen kann einen gefällten Baum-Methusalem zunächst nicht ersetzen. In den nächsten Jahren werden zunehmend Versorgungslücken für höhlenbewohnende Arten entstehen. Dem Baumschutz auf Privatgrundstücken, wie zum Beispiel Streuobstwiesen, kommt deshalb eine vermehrte Bedeutung zu. Lorenz appelliert an die Zuhörer, absterbende Bäume weniger als Risikofaktor, sondern als wertvolles Kleinbiotop wahrzunehmen.
Das Augenmerk des Seminars liegt auf einem äußerst seltenen und kaum bekannten Totholzbewohner, den Eremiten oder auch Juchtenkäfer (Osmoderma eremita). Auf den charakteristischen Aprikosenduft der Männchen wurden die Teilnehmer im Vorfeld mit einer Lockstoffprobe eingestimmt. Nun geht es auf die Suche. Die drei bis vier Zentimeter großen Käfer sitzen an warmen Julitagen oft am Stamm ihrer Brutbäume. Es lohnt sich genau hinzusehen. An einer der alten Linden wandert ein dicker schwarzer Punkt den Stamm hinauf. Das Eremiten Männchen ist der Höhepunkt an diesem Nachmittag und wird vielfach fotografisch festgehalten.
Ist die Fällung eines Brutbaumes unausweichlich können ganze Stämme umplatziert und stehend als Totholzpyramide, oder angebunden an lebende Bäume, gelagert werden. Die im Stamm enthaltenen Larven können sich so zum Käfer weiterentwickeln. Ein Beispiel der Stehendlagerung besichtigt die Gruppe zum Ende der Exkursion im Barockgarten.
Wir danken Herrn Lorenz für den spannenden Einblick in die Welt der holzbewohnenden Insekten und freuen uns auf das nächste Seminar am 26. Juli 2017.
19.07.2017